Das ist wirklich interessant. Über 80 Prozent der deutschen Manager halten sich selbst für kreativ – aber nur knapp 61 Prozent bescheinigen ihren Chefs Kreativität. So jedenfalls lautet das Ergebnis der Studie „Kreativität und Führung. Wunsch, Wirklichkeit oder Widerspruch?“ der Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft. Bemerkenswert ist dabei die Differenz zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung von rund 20 Prozent. Wo liegt die Ursache? Vielleicht in der Notwendigkeit, sich selbst hochloben und andere kleinhalten zu müssen? Nein, wohl nicht in einer anonymen Befragung. Eher in der Definition des Begriffs „Kreativität“. Die Erwartung an den Chef scheint einfach höher zu sein – mit sich selbst ist man eher zufrieden.
Das sagt viel über die Kultur in deutschen Unternehmen aus. Offenbar gibt es Schwächen in Kommunikation und Teamarbeit. Denn ansonsten wäre man doch gemeinsam kreativ und die Bewertungen dürften nicht so weit auseinanderklaffen. Vielleicht erwarten Manager generell von anderen mehr Kreativität, als sie selbst zu geben haben? Oder ist Kreativität in gewissen Managementkreisen seit der Finanzkrise, zu der bekanntlich viele Bankmanager durch sehr kreativen Umgang mit Geld aktiv beigetragen haben, verpönt?
Wahrscheinlich ist, dass sehr viel Managerkreativität auf der Karriereleiter verbraucht wird. Fragen wie: „Was ist mein nächster Schritt, welcher Kollege wird mir gefährlich und wie komme ich ganz schnell auf die nächste Stufe?“ erfordern einfach ein gewisses Kreativitätspotential. Wenn man dann endlich Chef wird, ist nicht mehr viel davon übrig. Das erklärt die eingangs erwähnte Differenz und wird durch eine weitere Zahl aus der Studie gestützt: Die geringste Kreativität haben nach eigener Überzeugung Männer über 40.
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