Auf Jahresgespräche freut sich meist niemand. Sie werden als unerfreulicher Pflichttermin angesehen – oft übrigens genauso vom Mitarbeiter, wie auch dem Vorgesetzten. Doch muss das so sein? Nicht unbedingt – wenn beide Seiten Chancen in dem Gespräch sehen und der Mitarbeiter nicht fürchten muss, dass der Termin seine Kündigung vorbereitet.
Das Jahresgespräch sollte dem gegenseitigen Austausch dienen. Ein bewusster Termin für beiderseitige Hintergrundinformationen. Deshalb ist der erste Erfolgsfaktor: Zeit! Eine Stunde darf nach Möglichkeit zur Verfügung stehen. Das führt zu Erfolgsfaktor Nummer zwei für das Jahresgespräch: Positive Atmosphäre! Es sollte keinen Druck geben – weder thematisch noch zeitlich. Telefone bleiben ausgeschaltet, es wird keine Unterbrechungen zugelassen. Das unterstützt den dritten Erfolgsfaktor: Gegenseitiges Zuhören! Leider ist genau dies nicht selbstverständlich. Üblich ist es eher, vorbereitete Erklärungen abzugeben und dabei auf eigenen Ansichten zu beharren. Es fehlt in vielen Gesprächen an der Neugier auf die Sichtweisen des jeweils anderen und die Informationen, die damit zu gewinnen sind. Es geht eher um die Einordnung in bekannte Schemata, als um ein wirkliches Kennenlernen der Arbeitssituation und der Ideen eines Mitarbeiters.
Sie haben also einen großen Spielraum, Jahresgespräche nutzbringender zu gestalten – ganz gleich, ob Sie als Mitarbeiter oder als Vorgesetzer in den Termin gehen. Überraschen Sie Ihren Gesprächspartner mit Kompetenz, Zeit und neugierigem Zuhören.
Vier Tipps, wie Sie sich gut auf das Jahresgespräch vorbereiten:
- Sehen Sie das Jahresgespräch als Chance, nicht als zusätzliche Belastung: Als Vorgesetzter kommen Sie ganz nah mit Ihren Mitarbeitern zusammen. Als Mitarbeiter können Sie mit Ihrem Chef grundsätzliches besprechen. Das ist die Chance für gegenseitiges Verständnis und die eine oder andere sinnvolle Veränderung. Nutzen Sie das Gespräch für einen Gedankenaustausch über das gemeinsame Unternehmen.
- Beschäftigen Sie sich vorher mit Ihrem Gesprächspartner: Meistens wird ein Jahresgespräch einseitig aus der Sicht des jeweils Beteiligten vorbereitet. Was habe ich geleistet? Wo hatte ich (und mit wem) Schwierigkeiten? Was möchte ich in Zukunft erreichen? Sicherlich wichtige Fragen, aber sehr eindimensional. Fragen Sie sich doch zusätzlich auch: Was hat mein Mitarbeiter / Vorgesetzter geleistet? Wo konnte ich ihn unterstützen, wo vielleicht nicht? Wie möchte ich in Zukunft mit ihm zusammenarbeiten? Es geht dabei um gegenseitiges Verständnis und einen letztlich gemeinsamen Nutzen.
- Bringen Sie Ideen ein: Wenn nicht in einem Vieraugengespräch zwischen Mitarbeiter und Vorgesetzten, wann soll dann effektiv über zukunftsweisende Ideen geredet werden? Sicher, vieles wird in Meetings vorgetragen und auch wieder verworfen. Doch die besten Ideen entstehen häufig im direkten Austausch. Natürlich soll das Jahresgespräch der Mitarbeiterführung dienen. Doch wie ist ein Mitarbeiter besser zu beurteilen, als in einer Diskussion über Ideen? Hier lässt sich doch genau sehen, wie er sich einbringt, was er fachlich beitragen kann, wie er mit neuen Ansätzen umgeht. Umgekehrt ist für den Mitarbeiter offensichtlich, ob der Vorgesetzte überhaupt noch begeisterungsfähig ist und wie er mit Ideen seiner Untergebenen umgeht.
- Bereiten Sie ein konkretes Ziel vor, das Sie vereinbaren möchten: Ein Jahresgespräch ist nur dann fruchtbar, wenn etwas aus dem Austausch folgt. Als Vorgesetzter erwarten Sie vielleicht ein optimiertes Reporting. Als Mitarbeiter sind Ihnen vielleicht transparentere Entscheidungen wichtig. Gehen Sie schon mit einer genauen Vorstellung des von Ihnen angestrebten Ziels in das Gespräch. Das bedeutet allerdings nicht, dass Sie nicht flexibel auf den Austausch reagieren sollten. Hat Ihr Mitarbeiter sich bereits Gedanken über ein optimiertes Reporting gemacht, wäre ein solches Ziel selbstverständlich überholt. Auf keinen Fall sollte das Jahresgespräch aber ohne beiderseitige Zielvereinbarung enden.
Nicht in jedem Unternehmen gibt es allerdings Jahresgespräche. Gerade jüngere Firmen haben dieses Instrument oft noch nicht etabliert. In diesem Fall sollten sowohl Mitarbeiter als auch Vorgesetzte von sich aus das Gespräch suchen. Sicher, vor allem in Start ups wird sowieso viel miteinander geredet und diskutiert. Doch das ist nicht dasselbe wie ein konzentriertes und beiderseitig gut vorbereitetes Vieraugengespräch.
Besonders Vorgesetzte sind in der Pflicht, den Jahresgesprächen ihren negativen Nimbus zu nehmen. Mitarbeiter dürfen keine Angst vor diesem Termin haben, sondern sollen sich voll in das Gespräch einbringen. Dazu benötigen sie die Sicherheit, dass es dabei nicht um ihren Job geht, sondern im Gegenteil das Unternehmen ein großes Interesse am Austausch mit Ihnen hat und beide Seiten von dem Jahresgespräch profitieren.
Welche Erfahrungen haben Sie mit Jahresgesprächen gemacht und wie bereiten Sie sich darauf vor?
Themen: Betrachtungen, Kandidaten, Karriere, Personalwirtschaft