Warum andere freundlich sind und wir einen guten Tag haben

Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass Sie in der Bahn von Menschen angerempelt werden, weil andere einfach rücksichtlos sind? Wenn Sie aber selbst jemanden in der Bahn anrempeln, es daran liegt, dass Sie geschubst werden oder die Bahn zu abrupt losfährt?  Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass Ihr Kollege so strahlt, weil er so ein freundlicher Mensch ist?  Wenn Sie aber selbst über das ganze Gesicht strahlen, es daran liegt, dass Sie befördert wurden?

 

Wir Menschen sind nicht rational

 

Wir schreiben unser eigenes Verhalten Faktoren der Situation zu: Wenn ich jemanden anschnauze, dann liegt es daran, dass ich einen schlechten Tag habe, aber bestimmt nicht daran, dass ich ein unfreundlicher Mensch bin. Anders herum schreiben wir das Verhalten von anderen deren Persönlichkeit zu. Wenn uns der Busfahrer mürrisch anfährt, weil er unsere Fahrkarte beim Einsteigen nicht richtig sehen konnte, liegt es daran, dass er ein unfreundlicher Typ ist… Dieses Phänomen ist so alltäglich, dass die Psychologie es den fundamentalen Attributionsfehler genannt hat.

 

Wer die Umstände außer Acht lässt, kann Menschen nicht verstehen

 

Ich glaube, es ist zu kurz gedacht, die Persönlichkeit des anderen in den Vordergrund zu stellen und dabei die Umstände und Gegebenheiten zu vergessen. Führen wir das mal ins Extreme: Stellen Sie sich einen Schiedsrichter beim Fußball vor und blenden Sie dabei die Spieler, die Linien, den Ball und alles andere – außer den Schiri selbst – aus. Dann sehen Sie nur noch einen Mann, der wie ein Verrückter hin und her rennt, mit seinen Armen rumfuchtelt und in eine Pfeife trillert. Aber verrückt ist er nicht. Erst wenn man seine Situation und seine Aufgabe in diesem Kontext kennt, ergibt sein Verhalten Sinn. Wer weiß schon, wie oft wir andere für verrückt, unfreundlich oder rücksichtlos erklären, es aber eigentlich gute Gründe für ihr Verhalten gibt?

 

Die Situation ist veränderbar, die Person kaum

 

Auch in Unternehmen spielt dieses Phänomen eine Rolle. Anstatt jemanden als unmotiviert und leistungsschwach abzustempeln, sollte man erstmal schauen, was man an seinen Umständen verändern kann. Möglicherweise sind ihm seine Aufgaben zu anspruchslos und er fühlt sich einfach unterfordert. Vielleicht passt es mit seiner Kollegin im Büro einfach nicht so gut, weil sie ständig telefonieren muss und er sich dann nicht richtig konzentrieren kann.  Eventuell würde auch schon ein hellerer Raum dazu führen, dass sich der Mitarbeiter wacher und motivierter fühlt. Alles Mögliche kann einen Einfluss auf die Motivation, Zufriedenheit und Leistung eines Mitarbeiters haben und alles Mögliche kann man auch relativ einfach verändern. Nur eine Person direkt zu verändern ist schwierig – und im Zweifel auch moralisch fragwürdig.

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