Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance. Das sollten nicht nur Bewerber, sondern auch Unternehmen wissen. Im Zuge des Fachkräftemangels, der den meisten Unternehmen seit langem zu schaffen macht, sind qualifizierte Mitarbeiter schließlich immer schwieriger zu gewinnen. Selbst wenn Unternehmen einen geeigneten Kandidaten gefunden haben, liegt der letzte Schritt, die Annahme des Jobangebotes, noch beim Bewerber. Empfindet der Kandidat den Bewerbungsprozess als unfair, wird er das Jobangebot wohl kaum annehmen, geschweige denn das Unternehmen weiterempfehlen. Zum Aufbau eines positiven Arbeitgeberimages gehört eben auch, (potenzielle) Mitarbeiter vom ersten Kontakt an fair zu behandeln.
Aus der Perspektive der Bewerber
Versetzen wir uns doch in die Lage eines Bewerbers: Im typischen Fall stößt er auf ein Stellenangebot, schreibt eine Bewerbung, schickt sie ab und wird dann möglicherweise zu einem Bewerbungsgespräch, zu Tests oder einem Assessment-Center eingeladen. Der Bewerber befindet sich nun in einer Art Prüfungssituation, die von den meisten Menschen schon an sich als sehr unangenehm empfunden wird. Darüber hinaus gibt es viele Faktoren, die die Unsicherheit des Bewerbers erhöhen. Was kommt auf mich zu? Worauf wird geachtet? Passt die Stelle überhaupt zu mir?
Was Unternehmen tun können sollten
Welche Optionen haben Unternehmen, um den Bewerbungsprozess angenehmer zu gestalten? Als erstes ist zu berücksichtigen, dass auch Bewerber rausfinden wollen, ob das Unternehmen und die Stelle überhaupt zu ihnen passt. Allerdings können sie die verschiedenen Arbeitgeber nicht durch ein Assessment-Center laufen lassen. Stattdessen bekommen sie ihre Informationen vorwiegend über Bewerbungsgespräche. Unternehmen sollten hier unbedingt viele und vor allem aufrichtige Informationen liefern. Was genau sind die Aufgaben? Welches sind die erfolgsrelevanten Anforderungen? Wodurch zeichnet sich das Unternehmen aus?… Geben Sie dem Bewerber alle Informationen, die er braucht, um entscheiden zu können, ob er auf die Stelle passt oder nicht.
Transparenz und Kontrolle geben Sicherheit
Um den Bewerbern mehr Sicherheit im Bewerbungsprozess zu geben, sollten Unternehmen den gesamten Prozess so transparent wie möglich gestalten: Wer ist beim Bewerbungsgespräch beteiligt? Was wird im Assessment-Center beobachtet? Nach welchen Kriterien werden Bewerber ausgewählt? Wenn Bewerber wissen, was sie erwartet und woran sie sind, erscheint ihnen die Bewerbungssituation schon viel weniger bedrohlich. Ein weiterer Faktor, der einen Einfluss darauf hat, wie angenehm und fair Auswahlverfahren empfunden werden, ist die Kontrolle über die Situation. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein (strukturiertes) Bewerbungsgespräch Bewerbern einen gewissen Spielraum für die Gesprächsgestaltung bietet und damit den Prozess zu beeinflussen. Sie können ihre Stärken hier ggf. gezielt zum Vorschein bringen – bei Intelligenztests etwa haben Bewerber kaum Kontrolle über die Situation.
Feedback als Wertschätzung des Aufwands
Bewerber investieren viel Zeit in den Bewerbungsprozess. Sie setzen sich mit der Stellenausschreibung auseinander, schreiben eine Bewerbung, nehmen sich einen Urlaubstag, fahren zum Bewerbungsgespräch; möglicherweise absolvieren sie Tests oder ein Assessment-Center. Besonders frustrierend ist es dann für sie, wenn am Ende trotzdem nur eine Absage folgt. Noch frustrierender ist es, wenn sie die Absage nicht nachvollziehen können. Unternehmen haben häufig Angst davor, detailliert und offen zu begründen, warum sie einen Bewerber ablehnen, weil sie damit rechnen, Bewerbern Schießpulver für eine Diskriminierungsklage zu liefern. Ein verständliches, unterstützendes Feedback ist allerdings nicht nur hilfreich für Bewerber, sondern hat auch einen wesentlichen Einfluss darauf, wie Bewerber Unternehmen als potenziellen Arbeitgeber im Hinterkopf behalten.
Denn auch hier gilt: Man sieht sich immer zweimal im Leben!
Themen: Arbeitsmarkt, Bewerbung, Karriere, Menschen, Personalwirtschaft