Rechnet man den Wert des Vogelskeletts mit den darin enthaltenen Materialien wie Phosphor, Kalzium und Flour zusammen und addiert den Wert von Fleisch, Blut und Federkleid, läge der Einkaufspreis eines Blaukehlchens nach Aussage des Biochemikers Frederic Vester etwa bei 1,5 Cent. Soweit, so gut. Aber heißt das auch, der Wert des gesamten Blaukehlchens beträgt 1,5 Cent? Der Umweltexperte Vester verneint: Berücksichtigt man nämlich die Leistungen des Blaukehlchens als Samenverbreiter, Schädlingsbekämpfer und Symbiosepartner, entspricht das Blaukehlchen jährlich einen Wert von 154 Euro und 9 Cent. Dieses Beispiel zeigt: Wenn wir wissen wollen, welchen Wert etwas hat, geht es nicht nur um die Kosten, sondern vor allem um den Nutzen dessen, was wir betrachten.
Inwiefern es sinnvoll bzw. belastbar möglich ist, den Wert eines Vogels zu errechnen, sei hier mal dahingestellt. Entscheidender ist die Frage: Was hat dieses Beispiel mit Personalarbeit zu tun? Wir sehen es so: Personalarbeit wird häufig immer noch als reiner Kostenfaktor gesehen. Dass Personalabteilungen sich mit mehr beschäftigen als mit Lohnabrechnungen, ist inzwischen zwar jedem klar. Doch dass Personalarbeit maßgeblich zum monetären Erfolg eines Unternehmens beiträgt, ist vielen – häufig sogar den Personalern selbst – kaum bewusst. Um als akzeptierter Partner am Tisch der Geschäftsführung zu sitzen, muss HR lernen, die Sprache des Business zu sprechen. In anderen Worten: Es gilt, den Wertschöpfungsbeitrag klar zu kommunizieren.
Bei der Personalarbeit handelt es sich hauptsächlich um ein Bündel an Dienstleistungen. Dienstleistungen sind immateriell. Und das ist sicherlich ein Grund dafür, dass Personalarbeit überwiegend als Kostenfaktor wahrgenommen wird. Die Kosten für einen Training sind leicht zu ermitteln: Man nimmt die Kosten für den Trainer, die Räumlichkeiten etc. und rechnet diese zusammen. Diese Summierung hat aber nichts mit dem Wert zu tun! Wenn die Vertriebsmannschaft nach einem Vertriebstraining 20% häufiger zum Abschluss kommt, dann kann den Kosten ein gewaltiger Nutzen entgegenstehen. Wenn eine saubere Personalauswahl dazu führt, dass die Fehleinstellungen um 10 % reduziert werden, dann ist die Einsparung erheblicher Fehlbesetzungskosten (Einarbeitungskosten, neue Stellenausschreibung, neue Auswahl…) die Folge. Und wenn aufgrund von Maßnahmen zur Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit Krankheitsrate und Fluktuationskosten gesenkt werden können, spiegelt sich dies eindrucksvoll in den Zahlen wieder. Ein konkretes Rechenbeispiel dazu haben wir schon mal dargestellt: https://dev.xinonet.com/blog/2015/09/warum-sich-mitarbeiterzufriedenheit-auszahlt/.
Der ein oder andere wird jetzt entgegnen: Dinge wie Mitarbeiterzufriedenheit sollte man doch nicht aus finanziellen Gründen verbessern wollen! Schon gar nicht sollte man Tieren oder Menschen einen monetären Wert zuschreiben! Ich stimme zu. Gerade das Personalwesen hat meines Erachtens nicht nur das Gewinnstreben des Unternehmens zu verfolgen, sondern auch den Mitarbeiter als Menschen im Auge zu behalten. Ich bin aber überzeugt davon, dass wir wesentlich bessere Personalarbeit leisten können, wenn wir ernster genommen werden.
Und das werden wir, wenn wir am großen Tisch dem CEO und dem CFO aufzeigen können, dass wir keine Werte vernichten, sondern Werte schaffen.
Themen: Menschen, Personalwirtschaft