Wenn Fehlbesetzungen ans Eingemachte gehen – Auslandsentsendungen

Folgendes Szenario: Ihr Unternehmen expandiert – und um den neuen Standort in Brasilien aufzubauen, soll einer Ihrer Manager für die nächsten vier Jahre dorthin entsandt werden. Am Ende haben Sie drei Bewerber für diese Position und Sie entscheiden sich für Ihren Produktionsleiter, da er Ihre Prozesse am besten kennt. Fließendes Englisch, gutes Spanisch, Portugiesisch-Grundkenntnisse und mehrere Semester Auslandserfahrung während des Studiums: Sie sind zuversichtlich.

 

Nach eineinhalb Jahren sieht die Lage anders aus. Der Mann scheint kein Fuß zu fassen. Nachdem das Projekt bisher nur schleppend anläuft und er immer wieder Unzufriedenheit äußert, kommt nun die Hiobsbotschaft: Er hält es nicht mehr aus, folglich bricht er die Auslandsentsendung ab.

 

Immense Kosten für gescheiterte Auslandsentsendungen

 

Sie fassen es nicht. Die teuren Flüge, die Umzugskosten, das Kultur-Training zur Vorbereitung und nicht zuletzt das hohe Gehalt sind ja nur die Spitze des Eisbergs! Unterhalb der Wasseroberfläche liegen die noch viel höheren „indirekten“ Kosten für die frühzeitige Rückkehr aus einer Auslandsentsendung, und Ihnen gehen gleich mehrere Aspekte durch den Kopf: Die mühselig aufgebauten Beziehungen zu den Kunden und Vertretern der brasilianischen Regierung laufen alle über ihn. Wir können ohne ihn vorerst nicht weiter produzieren. Bis wir einen Vertreter haben, werden wir längst einen Großteil unserer Marktanteile verloren haben. Schließlich können unsere Kunden nicht warten. Was bedeutet das für unser Image? Wie wird sich der Stillstand auf die Motivation der dortigen Mitarbeiter auswirken? Werden wir unseren Produktionsleiter jetzt ganz verlieren?

 

Ihnen wird klar: Die Gesamtkosten liegen im Millionenbereich – und das ist für gescheiterte Auslandsentsendungen nicht ungewöhnlich.

 

Warum Auslandsentsendungen scheitern

 

Die Antwort auf die Frage, wie viele Auslandsentsendungen schließlich scheitern, hängt vor allem davon ab, was man denn als Scheitern bezeichnet. Ist damit wirklich nur die frühzeitige Rückkehr vor offiziellem Ende einer Auslandsentsendung gemeint? Oder rechnet man beispielsweise schlechte Leistungen hinzu? Je nach Definition und Studie liegt die „Scheiter-Quote“ zwischen 8 und 28 %. Es handelt sich also durchaus nicht um Einzelfälle. Doch was führt überhaupt zu schlechter Leistung während einer Auslandsentsendung oder sogar zu einer frühzeitigen Rückkehr? Ganz oben auf der Liste der Gründe stehen Unzufriedenheit des Partners, andere Familienprobleme und die Unfähigkeit, sich den neuen Umständen (Kultur…) anzupassen.

 

Wie können Unternehmen dem entgegenwirken?

 

In Anbetracht der extremen Kosten stellt sich die Frage, wie man den Erfolg einer Auslandsentsendung befördern kann. Hier möchte ich zwei Aspekte hervorheben. Zum einen: Eine bis zum Ende wirklich durchdachte Personalauswahl. Denn viel zu häufig stehen noch die technischen und sprachlichen Qualifikationen bei der Auswahl allein im Vordergrund. Familiäre Anforderungen müssen berücksichtigt werden und auch „weiche“ Faktoren wie interkulturelle Anpassungsfähigkeit oder Offenheit lassen sich mit den richtigen Instrumenten vorab einschätzen. Zum anderen: Die Unterstützung des Entsandten vor Ort nicht vernachlässigen! Dazu gehört auch, den jeweiligen Lebenspartner bei der Jobsuche im Ausland mit zu unterstützen oder sich im Vorfeld schon um Kindergartenplätze etc. zu kümmern.

 

Doch trotz aller Risiken: Eine Auslandsentsendung ist nicht nur mit großen Chancen für Ihr Unternehmen verbunden, sondern auch mit einem enormen Entwicklungspotential für die Entsendeten. Denn wer eine solche Aufgabe meistert, beweist eine gehörige Belastbarkeit und Problemlösungskompetenz.

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