Wir sind richtig stolz: gefühlt war Michel eben noch unser Werkstudent und dann der Kopf hinter vielen unserer Blogbeiträge – und nun gibt es schon ein erstes Buch von ihm! Anläßlich dessen hat er für uns nochmals exklusiv aufgeschrieben, was es mit der generellen Idee von Teams auf sich hat:
In sich als agil betitelnden Unternehmen scheinen Teams als Allzweckwaffe eingesetzt zu werden. Doch ist das gerechtfertigt? Treten wir erstmal einen Schritt zurück: Was ist mit einem Team eigentlich gemeint?
Eine Organisation aus teilweise tausenden von Menschen zieht eine Grenze um eine kleine Gruppe von Mitarbeitern und bezeichnet sie als Team. Ein Team ist also erstmal eine Konstruktion. Was die Organisation eigentlich sagt, ist: „Ich will, dass ihr alle innerhalb der nun gezogenen Teamgrenze besonders eng miteinander im Austausch seid.“ Es geht folglich darum, zwischen bestimmten Personen häufige und direkte Kommunikation zu fördern: Das ist der Kern.
Folgende Frage schließt sich an: Wozu? Was haben Organisationen davon, wenn bestimmte Menschen häufiger miteinander kommunizieren? Schließlich kostet Kommunikation doch erstmal Zeit und am Ende geht es doch um den Kunden und nicht um das Team!?
Ja, aber: Mit dem Einsatz von Teams wollen Organisationen die Kommunikation zwischen verschiedenen Personen fördern, …
- … um dem hohen Koordinationsbedarf gerecht zu werden. Wenn meine Aufgabe stark von der Arbeit meiner Kollegen abhängt, muss ich mich absprechen („Hast du schon den Datenbankfehler behoben, dann kann ich…“). Alle Teammitglieder sollten schnell und unkompliziert in den direkten Austausch treten können. Eine zwischengeschaltete Führungskraft wäre hier eine unnötige Bremse.
- … um regelmäßig auftretenden, komplexen Entscheidungsbedarfen zu begegnen. Probleme, die so komplex sind, dass niemand mehr genug Wissen besitzt, um eine gute Entscheidung alleine zu treffen, sollten gemeinsam von Personen mit unterschiedlichem Know-how bearbeitet werden. Die Kollegen profitieren dann gegenseitig von ihren Kompetenzen und Erfahrungen.
- … um in einem dynamischen Umfeld reaktionsfähig zu bleiben. Wenn innerhalb eines Teams Wissen ausgetauscht wird und sich die Leute gegenseitig auf Stand halten, bleiben Teams insgesamt reaktionsfähig. Für eine Entscheidung muss nicht auf die Rückkehr eines Kollegen aus dem Urlaub gewartet werden und wenn ein Kollege gerade mit Kundenfragen bombardiert wird, ist schnelle Aushilfe untereinander möglich.
Solange es aber kaum Koordinationsbedarf zwischen Teammitgliedern gibt, das Umfeld weitgehend stabil ist oder die Kollegen nicht vom Wissensaustausch profieren, weil jeder alles weiß, was er für die Erfüllung seiner Aufgabe benötigt, ist auch kein Team erforderlich.
Angenommen die genannten Punkte sind gefordert und wir setzen ein Team auf: Dann bedeutet das noch lange nicht, dass wir automatisch in den Genuss der potenziellen Teamvorteile kommen. Denn wenn die unterschiedlichen Sichtweisen nicht auf den Tisch gebracht werden, trifft das Team auch keine besseren Entscheidungen. Und wenn jedes Teammitglied hochspezialisiert ist, können die Kollegen in Hochphasen kaum aushelfen. Und wenn Teammitglieder ihre Kollegen an wichtigen Infos nicht teilhaben lassen, ist notwendige Koordination nicht möglich.
Fazit: Organisationen sollten sich bewusst darüber sein, mit welchem Ziel sie Teams einsetzen. Ansonsten riskiert man, Kommunikation an Stellen zu fördern, an denen die Organisation gar nichts davon hat. Zum anderen besteht die Gefahr, etwas zwar Team zu nennen, aber gar nicht von den potenziellen Vorteilen eines wirklichen Teams zu profitieren. Ein echtes Team entsteht nämlich nicht durch die Bezeichnung als Team, sondern durch „nützliche“ Kommunikation.
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Themen: Betrachtungen, Zwischenablage